Portrait im Wirtschaftsmagazin “econo”

“Der Fest-Macher” von Michael Hölle:

Martin Wacker ist Journalist. Eigentlich. Doch dem Karlsruher war die Rolle des Beobachters zu wenig.

Deshalb rettet er ein Festival, spielt Theater und mischt überall mit.

Er hätte es so einfach haben können. Beobachten, beschreiben, berichten und gut. So wie das Journalisten eben machen. Ein Beruf, den Martin Wacker als Radiomann beim Privatfunk von der Pike auf gelernt hat, der ihm aber von Anfang an zu wenig war. Mitmachen, mitreden, mitgestalten, das gehörte für ihn untrennbar dazu. Ein Wesenszug, der früh zum Vorschein kam. Chefredakteur der Schülerzeitung und Sprecher aller Pennäler am Gymnasium. Der Reiz lag in der Doppelfunktion. Der spätere Weg damit vorgezeichnet. Mit Worten und Taten etwas verändern, das ist sein Naturell.

Verändert hat der heute 45-Jährige einiges. Vier Worte reichten, um eines der erfolgreichsten Open-Air-Festivals der Republik auf die
Beine zu stellen: „Retten sie das Fest“, so
 lautete der Auftrag des
 Karlsruher Oberbürgermeisters an Wacker.
 2009 war „Das Fest“
 eigentlich schon tot,
 mausetot. Eine Viertelmillion Euro Miese und nicht beherrschbare Sicherheitsprobleme ließen den damaligen Veranstalter, den Stadtjugendausschuss, kapitulieren. Wacker nahm die Herausforderung an.

Ende Juli dieses Jahr werden rund 250 000 Menschen den „Mount Klotz“ – so der Kosename des Besucherhügels in der Günter-Klotz-Anlage – bevölkern, ausgelassen feiern und Musikgrößen wie The Boss Hoss, Jupiter Jones oder Zaz zujubeln. Von roten Zahlen ist längst keine Rede mehr. Altlasten sind getilgt. Sicherheit ist selbstverständlich. Inzwischen gehört es für die Wirtschaftsgrößen der Region zum guten Ton, beim Auftakt persönlich dabei zu sein – um den Namen auf der Sponsorentafel zu sehen.

Einbinden lautet für Wacker das Zauberwort sowie eine „konsequente regionale Ausrichtung“. Das gilt für die Besucher, 90 Prozent kommen aus der näheren Umgebung. Das gilt für die Lieferanten. „Alle Dienstleistungen kommen zu hundert Prozent aus der näheren Umgebung“, betont der formidable Netzwerker und ergänzt: „Das ist echte Wirtschaftsförderung.“ Mit Unternehmen und Forschungseinrichtungen vor Ort wurden Fluchtwegsimulationen erstellt, eine Sicherheitsapp entwickelt, neue Bezahlsysteme eingeführt.

Das alles läuft nebenbei, denn Wacker ist zu diesem Zeitpunkt eigentlich Pressechef der Karlsruher Messe. Und so nebenbei bescherte er seiner Heimatstadt noch das, wonach jedes Unternehmen lechzt – ein Alleinstellungsmerkmal. Zu viel der Ehre für ihn: „Ich bin nur der Spielführer. Die Mannschaft hat es gerichtet “, stellt er klar und ergänzt: „Es geht doch um Karlsruhe und nicht um mich.“

Das treibt ihn um, „sein“ Karlsruhe voranzubringen. Spricht er über die Fächerstadt, beginnen die Augen zu leuchten, die Stimme wird fester, die Gesten energischer.„Die Stadt bietet so viel, aber sie redet zu wenig darüber“, beklagt er kopfschüttelnd. Eine Leidenschaft kommt dabei zum Ausdruck, die man ihm gar nicht zutraut.

Das Äußere vermittelt eigentlich ein anderes Bild. Vollbart, Pausbacken, schwarze Hornbrille, Baskenmütze, der typische Genussmensch eben – sanftmütig, abgeklärt, in sich ruhend. Das eine trifft ebenso zu wie das andere. Da sind sie wieder, die bei- den Seiten. Nur im Doppelpack lässt sich das Pensum überhaupt meistern. Die Pfeife und den 30-jährigen Single Malt als Inspiration, um spätabends das Erlebte im nächsten Kabarettprogramm zu verarbeiten.

Mit Partner Erik Rastetter tourt er seit Jahren über die Kleinkunstbühnen. Als wäre das nicht genug, folgte jüngst noch ein Gastspiel im Badischen Staatstheater als Frosch in der Operette Fledermaus. Wie schafft man das als dreifacher Familienvater? Kurze Stille. Fragender Blick. Lapidare Antwort. „Andere gehen abends zwei Stunden Tennis spielen. Ich stehe in der Zeit eben auf der Bühne und schwitze mindestens ebenso.“ Die Dosis Adrenalin inklusive. Eine Extradosis steht auf jeden Fall alle zwei Wochen auf dem Spielplan. Dann greift er im Wildparkstadion zum Mikrofon als Stadionsprecher beim Fußball-Zweitligisten Karlsruher SC und das seit 15 Jahren.

Noch deutlich länger gehört er zum Stadtbild. Keine wichtige Veranstaltung ohne Martin Wacker, so das geflügelte Wort in der einstigen badischen Residenzstadt. Meist als Moderator, Diskutant, Redner und manchmal auch nur als Gast. Als im vergangenen Jahr ein neuer Oberbürgermeister gesucht wurde, gehörte sein Name zu den ersten, die genannt wurden. „Eine echte Ehre“, so der bekennende Sozialdemokrat. Der Ruf blieb jedoch ungehört, zumal bereits die nächste Aufgabe auf ihn wartete, die des Geschäftsführers der städtischen Event-Gesellschaft. Das Fest ist nun nur noch eine von vielen Großveranstaltungen unter seiner Regie. Auch das kein Grund, auf die zahlreichen Nebenbeis zu verzichten. Dabei hätte er es so einfach haben können. Wollte er aber nicht.